Zwischen Ende April und Anfang Mai finden die Segelseminare auf den Traditionsschiffen Petrine und Lovis statt. Die normalen Seminargruppen werden aufgehoben und es wird bunt durchgemischt, sodass man neue Bekanntschaften machen kann oder alte Freunde vom Einführungsseminar wiedertrifft.
Am Sonntagmorgen, den 27.04.14 ging die zweite Fahrt der Lovis ab Kappeln los. Mit dem Motor fuhr die Gruppe hinaus auf die Ostsee. Dort wurden dann unter Anleitung der Crew die Segel gehisst, der Motor ausgeschaltet – und man trieb geräuschlos und entspannt bei wunderschönem Wetter in Richtung Dänemark.
Das Thema des ersten Tages war das Zurechtfinden auf einem Schiff. Wir teilten uns in Gruppen auf. Eine Gruppe wurde von der Crew über die Navigation eines Schiffes aufgeklärt, wie man Karten las, welche Symbole was bedeuteten, etc. Die andere Gruppe beschäftigte sich mit den Knoten, die auf einem Schiff nötig beziehungsweise nützlich waren. Nach einiger Zeit wurde getauscht.
Es gab viel zu lernen und entdecken, auf der anderen Seite gab es aber auch Raum für Freizeit. In den Tagen vom 27.04. bis zum 01.05. hatte die Seminargruppe unglaubliches Glück mit dem Wetter, denn die ganze Zeit über konnten wir die Sonne genießen.
Am ersten Abend nahm die Lovis Kurs auf Faaborg – einen Hafen in der dänischen Südsee. Wer sich bei Schiffsfahrten an Trockenfrüchte, Nüsse und Dosenfutter erinnert fühlt, der kann beruhigt sein: die Lovis war wie ein normaler Haushalt ausgestattet und sollte es an etwas mangeln konnte man im nächsten Hafen wieder einkaufen gehen.
Die Toilettengänge waren auch etwas gewöhnungsbedürftig, denn man durfte kein Klopapier in die Toiletten werfen. Dafür war dann ein eigener Mülleimer vorgesehen. Nach dem Seminar war man entsprechend verwundert, wenn neben der Toilette zuhause kein großer Mülleimer mehr für das Klopapier stand, aber auch diese Gewohnheit wurde man schnell wieder los.
Thema des zweiten Tages waren die Ökologie und die Gefährdung der Ostsee sowie der anderen Meere. Die Vorbereitungsgruppe hatte Kescher und auch Greifer organisiert, mit denen wir Tiere fangen, Bodenproben entnehmen und untersuchen konnten. Außerdem gab es eine Stationsarbeit, die auf sehr kreative Weise Daten vermittelte. Verschiedene Fangmethoden der Fischerei wurden diskutiert, in einem Memorie versuchte man richtige Fakten und Zahlen einander zuzuordnen, an einer anderen Station wiederum ordnete man Papierschnipsel mit Begriffen den richtigen Erklärungen zu. Später am Abend gab es dann ein Quiz, um das Gelernte zu überprüfen – die Siegermannschaft wurde zum Ansporn belohnt.
Wohin der Wind mich weht – auf einem Segelschiff wird einem die volle Tragweite dieses Satzes erst einmal bewusst. Da man auf einem Segelschiff nie genau sagen kann, wohin es einen verschlägt, ankerte die Lovis daher am zweiten Abend vor einer verlassenen Insel östlich von Faaborg. Mit dem Beiboot wurde die ganze Gruppe zum Strand befördert, wo man anschließend ein Lagerfeuer errichtete und zusammen sang. Seemannslieder durften da natürlich nicht fehlen – so wurde zum Beispiel der Refrain von “Fünfzehn Mann auf des toten Manns Kiste” auch die ganzen Tage über ständig gesungen.
Am Tag darauf verlegte man das Seminarprogramm auf die verlassene Insel. Während wir Gesteine und andere interessante Materialien sammelten hatten wir außerdem Zeit, die Insel etwas zu erkunden. Danach wurden die Fundstücke präsentiert und ein Experte erklärte uns die Unterschiede zwischen den Mineralien und warum ein Stein nun rot oder schwarz war. Verhärtete Eisenklumpen mit einem Kern aus Lehm fanden wir zum Beispiel besonders eindrucksvoll.
Am Nachmittag gab es dann ein Rollenspiel zum Thema Flüchtlinge – denn viele Flüchtlinge wählen den Weg über das Wasser, auch auf der Ostsee. Wie schwer es erst noch wird, wenn man dem Meer getrotzt hat, wurde uns während des Rollenspiels klar. Charakterkarten wurden vorher verteilt auf denen stand wer man war und warum man geflüchtet war. Diejenigen, die mit den Aufgaben der Polizisten beziehungsweise des Zolls beauftragt wurden, dachten sich bestimmte Charakterzüge aus, mit denen sie eventuell Flüchtlinge passieren lassen würden. Die eine sprach auf Mitleid an, während ein anderer nur Ärzte und Anwälte durchließ. Wieder ein anderer war bestechlich. Was wir bei dieser Aktion jedoch herausfanden war, dass es nicht nur die Flüchtlinge schwer hatten, sondern auch die Kontrolleure. Denn zu entscheiden, wer weggeschickt wird und wer durchkommt, ist in keinem Falle leicht.
Von der einsamen Insel ging es weiter zur Insel Lyo. Während der gesamten Zeit auf der Lovis war die Gruppe in Zuständigkeitsbereiche bzw. -segel eingeteilt: eine Gruppe, die für die Klüver (vorderste, dreieckige Segel) zuständig war, zwei Gruppen für das Großsegel in der Mitte und eine Gruppe für den Besan, das hintere Segel. Durch diese Aufteilung wussten einzelne Personen genauestens über ihre Aufgabe bescheid und nahmen aus dieser Woche gefestigtes Wissen für ein bestimmtes Segel mit. Wenn man Lust hatte durfte auch das Steuerrad des Traditionsschiffes mal bedient werden. Keine leichte Aufgabe, so einen riesigen Koloss in der Bahn zu halten!
Das Programm an diesem Tag bestand aus Gruppenarbeiten, die später vorgeführt werden sollten. Themen waren die Entstehung der Ostsee, wie der unterschiedliche Salzgehalt zustande kommt und was es für neue Entwicklungen hinsichtlich energiefreundlicher Schiffe gibt. Besonders spannend war hier die schauspielerische Darbietung einer Gruppe mit zwei Szenarien, wie die Ostsee in fünfzig Jahren aussehen könnte: Von großen, schmutzigen Dampfern befahren, eine riesige Hitzewelle – oder aber ein gemäßigtes Klima mit neuartigen Segelschiffen.
Der darauffolgende Morgen war freigehalten für eine Besichtigung der Insel Lyo. Nach einem Eis aus dem “Tante-Emma-Laden” der Insel ging es auch schon weiter. Die Gruppe fuhr erst gegen Mittag los, da man geplant hatte, in die Nacht hinein zu segeln. Daraus wurde allerdings nichts, da der Wind unverhofft auffrischte und der nächste Hafen in der Hälfte der Zeit erreicht war.
An diesem Tag konnten wir uns noch einmal den Maschinenraum des Schiffes anschauen und erklären lassen. Außerdem erzählte uns die Crew die Geschichte der Lovis, wie aus dem Rumpf eines Dampfschiffes dieser Traditionssegler wurde!
Nach einem Abschlusstanz um einen Leuchtturm herum in den ersten Mai war der Segeltörn leider auch fast schon vorbei. Am nächsten Morgen ging die Fahrt zurück nach Kappeln, das Schiff wurde geputzt und gewischt, dass es nur so glänzte. Und alle waren sich einig: Irgendwann treffen wir uns noch einmal auf der Lovis wieder.
Ein Bericht der FÖJ-Teilnehmerin I. Derichs Jahrgang 2013/2014